Historisches
Historie Brettenfeld


Quelle: "Frankenspiegel" , Beilage für Heimatgeschichte und Heimatkunde im Kreis Crailsheim

Jahrgang 17 - Nummer 9 vom 17. Juli 1965
Das Handwerk in Rot am See

Wandlungen und Umschichtungen von 1820 bis 1965

Die Wirtschaftsgeschichte vermittelt uns die Erkenntnis, daß Wandlungen und Veränderungen im
Handwerk zu allen Zeiten zu verzeichnen waren, aber in den letzten Jahrzehnten hat sich das Tempo
unheimlich verschärft. Es ist reizvoll zu untersuchen, wie sich diese Umgestaltung selbst in einer
Landgemeinde wie Rot am See seit rund 140 Jahren auswirkten. In nachfolgender Niederschrift finden
nur die Handwerke Berücksichtigung, die einstmaIs im Bereich unserer Dorfgemeinde ausgeübt wurden
und deren Meister hier ansässig waren. Es ist bekannt, daß die alten Handwerkerstädtchen
Forchtenberg, Creglingen, Kirchberg - von Rothenburg, Dinkelsbühl und Hall ganz abgesehen - ein
vielseitigeres und vielgestaltigeres Handwerk in ihren Mauern bargen, aber es ist interessant,
geschichtlich zu verfolgen, wie der Strukturwandel in Stadt und Land völlig gleiche Erscheinungen
aufweist.

Eingegangene Handwerksbetriebe

Eine lange Reihe Handwerke ist heute zum Erliegen gekommen, untergegangen, von Maschine und
Automat ausgelöscht. Ein häus­liches Urhandwerk war die Weberei. Der Weber gehörte zu den schlecht
bezahltesten Handwerkern und war in keinen Schmalzhafen gesetzt. Oft von 4 Uhr in der Frühe bis in die
Nacht hinein klapperte der Webstuhl. In Rot am See kennen wir als ehrbare Weber Joh. Probst, vulgo
Schustersweber, Bernhard, Stein und den alten Beckenänder (Becken-Andreas). In Brettenfeld ließen
das Schifflein fliegen und die Lade schlagen: Webermeister Hauf , I. Stahl, Michael Krauß, Probst und
Michael Schaffert. Mit dem Ende des 1. Weltkrieges hatte der Webstuhl,
ortsüblich „Studel" genannt, endgültig ausgedient.
Bis in die Vorzeit unseres Volkes zurück reicht ebenfalls die Töpferei, 1844 stellt sich Leonhard Ulm,
Hafner (Wohnung heute Maler-Werksatt Oberrnaier) (2005: Gebäude neben der Pizzeria) vor. Wenn aber
in Neuenhaus, Kreis Nürtingen, der Hochburg des Töpfergewerbes, um die Jahrhundertwende noch 70
Töpfereien bestanden und heute keine mehr existiert, so wundern wir uns nicht, wenn auch Ulm für
Töpferscheibe und Brennofen keinen Nachfolger mehr fand. Auch dieses Gewerbe wurde ein Opfer der
zunehmenden Industrialisierung.

Nahe am Seebach stand bis etwa 1900 die Rotgerberei Studimund. Im Garten hinter dem Haus (Besitzer
heute Fr. Lutz (1965!) waren die Lohgruben des Meisters. Doch die Lederfabriken konnten billigere
Angebote machen und damit war das Ende des Handwerkszweiges besiegelt.
Im Hinterhaus des Anwesens Naser in der Lenkerstettener Straße hatte sich der Glasermeister
Schmetzer eine Werkstatt eingerichtet. Wie seine hochbetagte Tochter vor einigen Jahren bei einem
Besuch erzählte, konnte ihr Vater seiner Familie nur ein arg mageres Brot bieten. Die Glaserei ging 1889
wegen Todesfall ein.

Gleichfalls nicht auf Rosen gebettet war der Drechslermeister Arnold, der im bisherigen Haus Rosenau
bescheiden bis etwa 1905 werkte. Doch die Bestellungen von Spinn­rädern und Spinnrocken und
anderen Drechslerwaren wurden trotz seiner Tüchtigkeit zunehmend seltener.
Ein reich ausgestatteter Maschinenpark der Großbetriebe hat seine Handarbeit unwiderruflich an die
Wand gedrückt.

In Christoff Weigels „Ständebuch" von 1698 lesen wir "Das das Seyler-Handwerk uralt seye ist aus
Geistlich- und Weltlichen.Schriften woll bekannt und deß wegen alles Ruhms und Ehren würdig. Die
Heilige Schrift gedencket hin und wieder der Segle, Stricke, Garn, welche die Seyler pflegen zu. machen."
Neben den aus Hanf- und Flachsfäden gezwirnten Bindfäden, und Kordeln für den Haushalt, den billigen
Sackbändern aus Werg und den Strängen für Gespanne fertigten die Seiler die GIockenstränge und die
Stricke für den Galgen, sie waren also Lieferanten der Mesner und den Henker zugleich.

Drei Vertreter der Seilerzunft waren in der Gemeinde ansässig; Im Hause Rühling in Rot Seiler
Schlebach, im Hause Gabler Seiler Üffinger und in Oberwinden begrüßt uns 1824 und 1828 ein Johann
Jakob Müller, Seilermeister. Daher hat Haus Leidig in Oberwinden den Hausnamen „Saalers", ebenso
wie bei Gablers den alten Hausnamen "s' Saalers" gebrauchen, seit 1880 etwa haben Seilerrad,
Seilgeschirre, Zwirnmaschine und Reckbank ausgedient.

Um 1905 wurde der letzte hiesige Nagelschmied namens Burkhard, ein Veteran von 1870 (Haus
Mühlhäuser) ins Grab gelegt. Sein Vorgänger Däuber beschäftigte zeitweilig auch noch einen Gesellen
(Hofmann aus Mainhard).

Vom 14. Juni 1828 finden wir folgenden Eintrag: „Georg David Mack, Maurermeister dahier, verkaufte an
seinen Sohn Johann Georg Mack, Ziegler, und dessen Ehefrau Anna Margaretha geborenene Ströbel
seine 1826/27 erbaute Ziegelhüttin mit dazu gegebenen Güterstücken pro
2000 fl. (Gulden). Die Ziegelei war bis 1910 In Betrieb.

Mit der Ziegelei verbunden war die Kalkbrennerei. Das Material wurde in einem Steinbruch vor dem
Südwestrand des Breitloh gebrochen.
(2005: Brettenfeld, Schützenhaus !) Aufgrund der eifrigen Propaganda des Pfarrers Mayer In Kupferzell,
den man den Apostel des Gipses nannte, wurde vor 1900 von den Bauern hauptsächlich auf Kleeäckern
viel Gips gestreut. Zwei Gipsmühlen in Brettenfeld (Aumühle bis 1897, Stegmühle bis 1905) lieferten das
Material, das Simri zu 25 bis 30 Pfennig. Die Gipssteine wurden von Reinwald aus einem Steinbruch bei
Satteldorf und von Reiß aus einem Bruch bei Wettringen hergeführt. Seit der Herstellung des
Kunstdüngers kamen die .Landwirte schnell von der Gipsverwendung ab.

Im Nebenberuf als Korb- und Napfflechter betätigte sich Andreas Schörg von Musdorf bis 1905. Die
Näpfe waren Brot- bzw. Teigkörbchen
aus Stroh geflochten.

Als gelernter Bürstenbinder übte Georg Lederer seine Profession aus. An längst verklungene Zeiten
erinnert die Arbeit des Schindelmachers Wohnsiedler, bis 1898 in Rot im Hause Zanzinger ansässig.

Besonders stark haben sich die leistungs­starken Großbetriebe im Brauwesen durchgesetzt und eine
um die andere örtliche kleine Bierbrauerei zum erliegen gebracht. Auch in unserer Gemeinde konnten
sich insgesamt fünf Brauereien der Konkurrenz nicht mehr erwehren und gingen ein:
In Rot: Krauß „Zum weißen Lamm" bis 1897 (Markert), Lang "Zum Adler" bis 1880 etwa (Lutz),
Schmidt-Schaßberger „Zum Rößle" bis etwa 1830 (Pratz), „Zum Hirsch" eingegangen vor 1875
(Feuchter).

In Brettenfeld: Körber „Zum Hirsch" (Ammon). Letztere Brauerei konnte sich am längsten behaupten, bis
1908.
Diese lange Serie der zum Erliegen gekom­menen Handwerke waren Einmannbetriebe. die mit
bescheidenen Einrichtungen, einfachen Geräten und Werkzeugen und wenigen Ma­schinen arbeiteten.
Aber, kein Zweifel, das gewerbliche Bild in seiner einstigen vielfalt ist dadurch farbloser geworden.

Handwerksbetriebe im Existenzkampf

Wenden wir nun den Blick auf eine zweite Handwerksgruppe, die in unserer Gemeinde zwar noch
vorhanden ist, aber schon im schweren Existenzkampf steht. Es sind insgesamt sieben handwerkliche
Berufe.
Zu den Stiefkindern des Wirtschaftswunders zählt die Schäferei. In den Ortsteilen Musdorf und
Oberwinden ist die ortseigene Schäferei eingegangen. Die Preise sowohl für Schafwolle als für
Schlachtschafe sind nicht geeignet, die mißliche Lage der Schafzucht zu beseitigen. Wen die beiden
Schäfer Gebhardt in Rot und Baumann in Brettenfeld ihre Schippe noch nicht In die Ecke stellten, so ist
es lediglich die Berufstreue und Tradition, je von vier Schäfergenerationen, die sie noch bei der Stange,
will sagen, bei Ihrer Herde hält.
Einen schweren Stand haben sodann die Mahlmüller. Das Mühlensterben spricht eine deutliche Sprache.
In den letzten 50 Jahren sind im
Gemeindebereich von sechs Mahlmühlen vier eingegangen: die Bernberger Mühle wurde 1923
abgemeldet und in der Stegmühle 1937 die Pumpstation für die Gemeindewasser-Versorgung eingebaut.
Schon 1908 kam die Bartenrnühle. eine Mahl- und Sägemühle, zum Erliegen und die Wasserrechte der
Seemühle, welche letztere heute auf über 600 Jahre zurückblicken könnte, wurde im Zuge der
Seebachkorrektur in den 30iger Jahren abgefunden. Die großen Kunstmühlenwerke und die
Genossenschaftsmühlen bereiten den dörflichen Kundenmühlen schweren Kummer, zumal die
Umbauten und Modernisierungen hohe Geldbeträge verschlingen.
Ähnlich ernst ist die Lage bei den Ölmühlen. Durch Ölknappheit in den beiden Weltkriegen verursacht,
wurde während der Kriegszeiten allenthalben Raps und Mohn angesät, aber jetzt ist dieser Anbau nur
noch gering.
Als gefährdet und ernst beurteilen die Küferinnungen ihr Gewerbe. Der Rückgang des Mostkonsums, die
Verwendung von Metall- und Aluminiumfässem und die mancherlei Gefäße aus Zink oder
Kunstharzstoffen berauben das alte Handwerk um die früher üblichen Aufträge. Auch einem tüchtigen
und gut eingerichteten Meister ist es kaum noch möglich, einzig vom erlernten Handwerk zu leben. Eine
Küferei ist zum Glück noch in Betrieb. Wie anderwärts wird auch hier neben dein Böttchergewerbe und
der Mosterei ein Wein- und Geschirrhandel betrieben. Von den Küfereien des Leonhard Reichert und
Andreas Schmidt in Brettenfeld geben nur Akten von 1821 und 1822 noch Kunde und auch die neuere
Küferei Völker hat wieder aufgehört zu bestehen.

Das Schmied bzw. Hufschmiedehandwerk hat seine Anziehungskraft für den Nachwuchs merklich
eingebüßt. Von den sechs Schmieden
die vor 50 Jahren noch existierten, wurden inzwischen vier geschlossen, und zwar in Rot: die Schmiede
von Mack und die Schmiede von Balbachs (ehemals König - Gackstatter) und in Brettenfeld die untere
Schmiede, die zweifellos auf eine große Vergangenheit zurückblicken kann, da sie nahe der Brettachfurt
und der alten Vorspann- und Raststätte lag. Die Verwendung neuzeitlicher moderner Wagen und der
Rückgang der Pferdehaltung, sowie die Nichtmehrverwendung von Sense und Sichel, wirken sich für
die Schmiede nachteilig aus.
Schwer zu ringen hat weiterhin das Wagner­gewerbe. Ein Meister arbeitet noch (Karl Ackermann) und
drei Betriebe am Platz gehören der Vergangenheit an, das heißt 75 Prozent Abgang In den letzten 45
Jahren. Geschlossen wurde die Wagnerei von Bayh und Herrmann (Vorgänger Nörr) in Rot und Mahl in
Brettenfeld. Die Indienststellung von gummibereiften Wagen, die Außerdienststellung von Mist- und
Graskarren usw. reduzierten die Aufträge.

Empfindlich von der Wirtschaft In den vergangenen vier bis fünf Jahrzehnten wurden ferner die
Zimmerleute betroffen. Während um 1900 von den Neubaukosten eines Wohnhauses oder einer
Scheune noch 30 bis 35 Prozent in ihre Taschen, flossen; vermindert sich heute ihr Anteil auf wenige
Prozente. Gezwungen sind sie daher, neben dem erlernten Beruf ein Sägewerk zu betreiben oder sich
auf Treppenbau oder einen anderen einschlägigen Bauteil zu spezialisieren. So betreibt Otto Franz - Graf
in Rot und auch Fritz Stein in Rot-Brettenfeld neben dem Zimmergewerbe je ein Sägewerk, Heinrich
Franz hat den Treppenbau neben seinem Hauptberuf erwählt, Ausgeschieden sind drei
Zimmerleute: durch Tod Ruffertshöfer und altershalber Georg Franz, sowie Leonhard Vogt; alle drei von
Brettenfeld.
Schwer angeschlagen ist auch das Schuhmachergewerbe, um nicht fast ausschließlich vom
Schuhflicken leben zu müssen, betreiben mehrere Meister ein Ladengeschäft mit von der Fabrik
bezogenen Schuhwaren. Die Zeiten, Schuhe nach Maß vom ortsansässigen Meister anfertigen zu lassen,
sind - mit Ausnahme - vorbei. Die beiden Schuhmachergenerationen Förstner in Rot und Dietz in
Brettenfeld sind ausgestorben bzw- weggezogen. Insgesamt vier Meister führen noch Ahle und Kneip
(Abgang 33 Prozent).
Bei einer dritten Gruppe einheimischer Handwerker, bestehend aus den Bäckern, Metzgern, Schreinern,
Schneidern und Maurern, ist ein sehr deutlicher Strukturwandel eingetreten. Die gemeinsamen Merkmale
bei all den erwähnten Betrieben sind folgende:
In allen fünf Handwerken ist ein zahlenmäßiger Rückgang der Betriebe festzustellen, zum Teil über 80
Prozent, aber die Zahl der Beschäftigten im Einzelbetrieb ist erheblich gestiegen. Die Einmannbetriebe,
die wir von früher kannten, sind mit einer Ausnahme verschwunden, heute stehen meist drei bis fünf
gelernte Kräfte m den Werkstätten, Die Arbeitsräume wurden überall entsprechend ver­größert und mit
leistungsstarken, modernen Maschinen ausgestattet. Betrachten wir diese Handwerkszweige der Reihe
nach und vergleichen sie mit den vormaligen Verhältnissen:
Noch vor 40 Jahren bestanden im Bereich der Gemeinde zusammen sieben Schreinerein. In Rot: Popp,
Bräuninger, Stadtmüller, Märklein; in Brettenfeld Kleider und Kraft; in Niederwinden Junker, Infolge
Todesfalls oder hohen Alters der Inhaber ist die Zahl der Betriebe auf drei zusammengeschrumpft.
In ähnlicher Weise vollzog sich die Entwicklung bei den Schneidern. Noch 1908 befleißigten sich sechs
Meister, gute und haltbare Anzüge zu liefern: Michels, Schüßler, Schmidt-Prürnmer, Reinhardt, Wittmann
und der sogenannte Bulldogschneider, letztere drei von Brettenfeld. Und heute? Eine einzige Herren-
und Damenschneiderei besteht noch. Neben Leonhard und Karl Merz bemühen sich fünf Arbeitskräfte
mit Erfolg, die Kundschaft mit sauberer und zeitgemäßer Maßarbeit zu bedienen. Wir stellen hier bei den
Schneiderbetrieben einen Abgang von 80 Prozent fest. Bei sämtlichen vorerwähnten alten Meistern hat
der Schnitter Tod Einkehr gehalten, und andere nachgewachsene Fachleute sind als Spezialisten in die
Bekleidungsindustrie hinübergewechselt.
Am stärksten von allen Handwerkern waren einstmals hier die Maurer vertreten. Noch 1905 kennen wir in
Rot-Brettenfeld nicht weniger als 15 aktive Maurer und Steinmetze, diese ungewöhnlich hohe Zahl erklärt
sich durch das Vorhandensein von 18 Steinbrüchen:
In Rot und Brettenfeld je fünf Lettenkohlen-Sandsteinbrüche und dazu auf Brettenfelder Markung
mindestens acht Muschelkalksteinbrüche. Die meisten älteren Häuser und Ställe hatten Fenster- und
Türengewänder, Staffeltritte und Urnfassungsmauern aus Sandstein, oder waren restlos aus Sandstein
erbaut z. B. Haus Vogt-Rappold-Haag in Brettenfeld. Aber auch ausschließlich aus Muschelkalkstein
errichtete Gebäude, z. B. Haus Kleider, sind nicht selten. Brettenfeld war steinreich, aber nicht an Gulden
und Talern. Im Sommer arbeiteten die Maurer auf dem Bau, im Winter als Steinmetz oder im Steinbruch.
Geradezu umstürzende Veränderungen sind in den letzten 140 Jahren, eingetreten; Von zehn
Sandsteinbrüchen wird keiner mehr abgebaut und von acht Muschelkalksteinbrüchen Ist noch ein
großes Schotterwerk übrig geblieben. Neun ehemalige Betriebe der fünfzehn Maurer sind allesamt
eingegangen. Wir haben ein Muster­beispiel der starken, strukturellen Umschichtung im Handwerk. In
immer stärkerem Maße weicht das alte klassische Handwerk dem modernen maschinen- und
kapitalintensiven Handwerk der heutigen Zeit. Hätten nicht Ostvertriebene zwei Baugeschäfte
aufgemacht, so wäre es in unserer Gemeinde mit den Maurern katastrophal bestellt.


Geschichtliches von den Bäckern und Metzgern

Nehmen wir nun das „nahrhafte" Gewerbe, zunächst die Bäckereien unter die Lupe. Die Geschichte der
hießigen Bäckereien können wir an Hand schriftlicher Belege bis 1579, also nahezu 400 Jahre zurück
verfolgen. Anwesen Leidig, genannt Schwarzbäcker, beim Steinbrunnen in Brettenfeld, wird in einem
Extrakt "Mußdorfer Heiligenrechnungen", die Anno 1579 als Beckenhäuslein genannt und entrichtet
alljährlich zunächst 16 Kreuzer, ab 1770 dann 30 Kreuzer an den Heiligen zu Musdorf. 1820 wird die
Bäckerei um 715 fl. verkauft. Andreas und Matthias Göller betreiben in Musdorf im Haus
Freudenberger-Daiß um. 1820 bis 1840 neben ihrer Landwirtschaft eine Bäckerei. Georg Friedrich Lehr
(Löhr) von Rot wird bürgermeisteramtlich 1828 als Bäckermeister erwähnt (Vältlesbeck, von Valentin
abgeleitet).
Am 28. Mai 1846 finden wir folgenden Ein­trag: „Von einigen stabsangehörigen ärmeren Personen
gingen darüber Klagen ein, daß in der jüngsten Zeit, trotz denen vielen Gewerbsausübenden Bäckern
öfters schon an Brot derart gemangelt, daß man oft schon noch vor 11 Uhr mittags bei sämtlichen
Bäckern kein Brot mehr haben kenne." Auf diese Beschwerde hin erhielten sämtliche Bäcker eine
Vorladung, von Rot: Friedrich Löhr, Georg Hütter; genannt Mackebeck.. Andreas Kellermann und
Konrad Reitzler (heute Burkard) und von Brettenfeld Michael Vogt. Dem gleichfalls anwesenden
Brotschauer, Gemeinderat Zanzinger, wurde vom Schultheißen ans Herz gelegt, bei der Visitation des
Gewichts auch zugleich darauf zu sehen, daß die Bäcker den erforderliehen Brotbedarf liefern.
Schon 1847 erhalten die Meister wegen Brotmangels erneuten Ruf aufs Rathaus, Löhr und Reitzler
erklären, daß sie jeden Tag Brot backen, aber Hütter und Kellermann hätten ihre Schuldigkeit nicht,
getan. Sämtliche Bäcker erklären sodann einstimmig., daß der Grund für die Klagen darin liege, daß die
Brothändler von Rothenburg, welche schon seit mehreren Jahren in die hiesige Gemeinde wöchentlich
einige Male Brot bringen, wegen schlechter Witterung außer Stande waren, von Rothenburg aus Brot
herbeizuschaffen. Nicht selten schickten Kirchberger Bäcker Ihre Lehrbuben mit Brotkrätzen bis
Oberwinden und Rot. Bestrafungen wegen Mindergewichts der Brote und Wecken wurden wiederholt
verhängt. Entschuldigungsgründe, die Wecken und Brote seien mit anderen zusammengebacken
gewesen und der fehlende Zwilling wiege entsprechend mehr, wurden mangels Beweis zurückgewiesen.
Von den einstmals fünf, zuweilen sechs Bäckereien sind in Rot zwei Geschäfte übrig geblieben, die je
drei gelernte Kräfte beschäftigten (Abgang 60 Prozent)
Eine ähnliche Entwicklung stellen wir bei den Metzgern fest. Weil es 1844 mehrfach vor­kam, daß von
den Meistern Rinder geschlachtet wurden, ohne vorher den Viehschauer in Kenntnis zu setzen, erhielten
alle Metzger Ordre aufs Rathaus. Es stellen sich vor: Simon Scharpf, Johann Laubinger, Carl Eiser,
Georg Hafner (Lammwirt in Brettenfeld) und Georg Eßlinger. Als Viebschauer - nicht zu verwechseln mit
Fleischbeschauer - war tätig Stein von Rot.
Auch eines handwerklichen Großunternehmens wollen wir gedenken: Metzger Markert, damals noch in
Hilgartshausen wohnhaft, hatte in den Remisen der Bahnhofswirtschaft Schneider (jetzt Mack) eine
Großschlachterei von Hammeln organisiert. Von Mitte Oktober bis Ende März wurden in den Jahren 1891
bis 1893 von 14 Metzgern jede Woche 600 Hammel geschlachtet Alexander von Michelbach Lücke war
Einkäufer, Schäfer Düll trieb die Herden nach Rot, Einkaufbereich Aub - Ansbach - Künzelsau. Direkt von
Paris kam jede Woche dreimal ein Kühlwagen, der bis zum Bersten mit Hammeln gefüllt wurde. Die
Tierköpfe wurden von Nürnberger Interessenten per Achse abgeholt. Zwei Franzosen erledigten nur die
Reinigung und Einsalzung der Schafsdärme, die dann in großen Kübeln nach Frankreich zum Versand
kamen. Eine Bildaufnahme (Besitzer Mack) der beteiligten Metzgerschaft erzählt von diesem
großangelegten Geschäft. Infolge gesunkener Hammelfleischpreise war der Export unrentabel geworden
und im trockenen Jahrgang 1893 eingegangen. Von den früheren fünf Metzgereien hat nur eine die
Jahrhundertwende überlebt; Waldmann-Laubinger, zu welcher sich um 1908 die Metzgerei Feuchter
gesellte. Auch bei den Metzgern ist zahlenmäßig ein Rückgang der Betriebe - 60 Prozent - und ein
Ansteigen der Belegschaft wahrzunehmen, heute je drei bis vier Metzger in jedem Betrieb.

Handwerker der Gegenwart

Abschließend sei noch kurz einer vierten Handwerkergruppe gedacht, die wir als neue­re, neueste und
anscheinend aufstrebende Unternehmen bezeichnen wollen
Die allgemeine Wohlstandssteigerung ist insbesondere für die Landmaschinen- und Automechaniker
von Vorteil. Für die Elektriker und Installateure wirkt sich die zunehmende Vollelektrifizierung günstig
aus. Rundfunk- und Fernsehmechaniker haben noch manche Kundschaft zu erwarten. Auf Körperpflege
und Frisur legen Adam und mehr noch Eva erheblich gesteigerten Wert zur Freude der Friseure. Die
Kunststeinmacher liefern neuzeitliche Beläge für die Ställe usw., und die Maler und Tapezierer können
ihren Aufträgen kaum nachkommen, denn die heutige Bevölkerung stellt hohe Ansprüche auch
hinsichtlich einer gemütlichen und gepflegten Wohnung.
Von allen derzeit bestehenden Handwerksbetrieben kann mit hoher Wahrscheinlichkeit die
Schwarzenmühle in Brettenfeld auf das
höchste Alter zurückblicken: Mindestens auf 527 Jahre Bereits: 1434 wird Im Salbuch der Bebenburger
die Mühle namentlich genannt.
Wir haben die Wandlungen und Veränderungen von längst vergangenen Tagen bis heute kennengelernt,
Niedergang und Aufstieg, Vergehen und Werden, Verwelken und Neugebahren verfolgt und das
Schillerwort ist uns dabei mehrfach in den Sinn gekommen:
„Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen."
Auch den alten Griechen können die Handwerksmelster nur recht geben, wenn Plato und Heraklit
schreiben:
„Alles fließt" bzw. „alles bewegt sich fort."
Doch Einigkeit wird bei uns alleo bestehen in der Erkenntnis, daß die handwerkliche Lehre mit zum
Besten zählt, was wir der Jugend mitgeben können, denn wir brauchen auch in Zukunft ein starkes
Handwerk als stabilisierenden Faktor auf allen Gebieten.